Aline Bock
Eine Profifreeriderin auf dem Snowboard – erzählt von Ihrer Kariere
Sie sind ein Profi auf dem Snowboard und gehören der Weltspitze an. Die ersten Versuche auf der Piste werden ja häufig auf Ski gemacht und nicht auf dem Snowboard. Wann haben Sie das Snowboard fahren für sich entdeckt?
Auch ich habe meine ersten Versuche auf der Piste mit Skiern gemacht. Jedoch schon mit zwei Jahren! Da meine Eltern früher Hobby mäßig Skilehrer waren, wurden meine Geschwister und ich schon relativ früh auf die Skier gestellt. Mit 13 Jahren habe ich dann durch eine verlorene Wette meinen ersten Snowboardkurs gemacht.
Das “Surfen” im Schnee ist einfach ein unbeschreiblich tolles Gefühl. Durch meinen Fahrstil kann ich mich im Freeriden ausdrücken, kreativ sein und meine eigene Spur finden. Beim Freeriden dreht sich viel um Erfahrung: Wie schätzt man den Berg ein, den Schnee, den Wind, wie sein eigenes Fahrkönnen. Diese Leidenschaft hatte sich schon ganz früh entwickelt, obwohl ich damals noch Freestyle Events gefahren bin. Sobald ich konnte und die Verhältnisse gut waren bin ich mit Freunden zum Freeriden gegangen, anstatt im Park zu trainieren.
Freeriden ist nicht ganz ungefährlich und bringt einige Gefahren mit sich. Wie bereiten Sie sich auf eine Abfahrt vor? Was muss ganz besonders beachtet werden?
Mal sind die Schneebedingungen besser, mal schlechter. Man muss sich aufgrund dessen schon vorher Gedanken machen, welche Linie man wählt und wie man sich im Gelände verhält. Die Schneesituation spielt eine sehr wichtige Rolle. Wir müssen uns im Vorfeld über die aktuelle Schneesituation informieren, bevor wir steile Hänge befahren. Bei hoher Lawinengefahr die z.B. bei schlechtem Schneedeckenaufbau oder bei starkem Wind entsteht sollte man sehr Vorsichtig sein und sogar geplante Abfahrten meiden. Man sollte natürlich auch die komplette Notfallausrüstung bei sich tragen und diese auch im Notfall richtig anwenden können! Dazu gehört ein Rucksack mit Schaufel, Sonde, ein Lawinensuchgerät und am besten noch ein Lawinenairbag, auf den man sich aber auch nicht verlassen darf.
Ich persönlich nehme kein Risiko auf mich wenn ich mir unsicher bin, außerdem höre ich auf mein Bachgefühl. Meistens sagt es mir ganz genau wann es besser ist einen Rückzug zu machen oder eine andere Linie zu fahren. Aber wenn ich weiß das ich es machen kann. Dann gebe ich Gas, das macht unglaublich viel Spaß!!!
Mit 15 Jahren habe ich angefangen, Halfpipe-Contests und später dann Slopestyle-Contests zu fahren. Irgendwann habe ich dann realisiert, dass ich bei den Wettbewerben unter den Älteren war und stand vor der Frage: Was kommt jetzt?
Als ich schon so weit war den Job in den Mittelpunkt meines zukünftigen Lebens zu stellen und das Snowboarden nur noch hobbymäßig zu betreiben, kam der Einstieg in die Freeride-Wettbewerbe. Beim Freeriden kann man im Gelände kreativ sein und Tricks aus dem Freestyle mit einbauen. Die bisher gewonnenen Erfahrungen zahlten sich aus. Die Freeride World Tour hat recht viele Qualifikations-Events auf der ganzen Welt über die ein Ranking entsteht. Die besten Snowboarderinnen der Rangliste qualifizieren sich am Ende für die Freeride World Tour der darauffolgenden Saison. Bei einem dieser Qualifikations-Wettbewerbe habe ich eine „Wildcard“ für den ersten Tourstopp der Freeride World Tour in Sochi/Russland angeboten bekommen. Nach langer Bedenkzeit während eines Arbeitsaufenthalts in Frankreich, habe ich mich entschlossen die Wildcard anzunehmen. Ich bin nach Russland geflogen und habe zu meinem Erstaunen das Event gewonnen. Damit durfte ich auch an allen weiteren Tourstopps teilnehmen. Schlussendlich wurde ich 2009 zweite im Gesamtranking. Im folgenden Jahr konnte ich dann den Titel holen und die Tour als Weltmeisterin 2010 abschließen. Das war großartig!
Sie hatten vor einigen Jahren „Glück im Unglück“ als Sie schwer stürzten und eine Krankheitsbedingte Auszeit nehmen mussten. Hat dieser Sturz Sie verändert? Sind Sie vorsichtiger geworden?
Der Unfall hat meine Einstellung zum Leben und auch zu meinem Sport sehr verändert. Nach meiner Operation ist mir erst bewusst geworden wie glücklich man sich schätzen kann wenn man gesund und schmerzfrei ist. Stürze passieren, so etwas werde ich in meinem Sport nie verhindern können, aber ich werde nach diesem “Zwischenfall “ sicherlich mehr auf meine innere Stimme hören. Ich weiß jetzt, wann ich eine Pause einlegen muss. Durch Erfahrung kann man so einige Risiken umgehen, jedoch wird ein gewisses Restrisiko immer vorhanden bleiben.
Natürlich macht man sich auch Gedanken ob man eventuell aufhören sollte, doch dafür liebe ich meinen Sport zu sehr… Es ist und bleibt eine Leidenschaft!
Sie haben schon eine Menge Erfolge feiern können. Welcher Ihrer Erfolge war für Sie am schönsten oder auch der Emotionalste?
Das war ganz klar das Finale Word Tour Stopp 2010 – Der Verbier Xtreme. Das „Face“ zu fahren hat unheimlich viel Spaß gemacht, das Wetter und die Schneebedingungen waren fantastisch und meine Eltern haben mich mit ihrer Anwesenheit überrascht. Da ich dachte, dass sie sich das Finale im Live-Stream im Netz anschauen würden. So hatten sie es mir auch gesagt, bis sie nach meinem „Run“ auf einmal vor mir standen und mir gratulierten. Meine engsten Freunde waren vor Ort und dazu bin ich auch noch Weltmeisterin geworden. Das waren wirklich ein paar schöne Tage.
Sie sind schon einmal „Freeride World Tour Champion“ geworden, einen größeren Erfolg kann man kaum feiern. Welche Ziele haben Sie sich noch gesetzt auf dem Board?
Nachdem ich mich entschieden habe keine Freeride Wettbewerbe mehr zu fahren, habe ich mich in den letzten Jahren meinen eigenen Splitboardcamps und verschiedenen Filmprojekten gewidmet. www.voelkl-snowboards.com
Dabei ist z.B. auch unser Film „Way North“ entstanden. Ob bei klarem Himmel oder im strömenden Regen, auf dem Berg oder im Wasser – es waren unvergessliche Erlebnisse. Wir wussten nicht was uns erwarten wird, aber Lena Stoffel, eine gute Freundin und Teamkollegin und ich haben beide diese unbändige Leidenschaft für Schnee und Wellen und wollten Snowboarden, Skifahren und Wellenreiten in einem Trip miteinander verbinden.
Auch diesen Winter möchten wir an unser Abenteuer anknüpfen und planen einen weiteren Film WAY EAST in Japan.
Ich war schon in sehr vielen verschiedenen, auch außerhalb der europäischen Skigebiete zum Snowboarden. Der Nordpark in Innsbruck oder aber der Arlberg sind besondere Orte für mich. Ich bin hier “zu Hause”. Nicht nur der Berg und das Gebiet an sich sind ausschlaggebend für einen super Snowboardtag. Es zählt auch die Kenntnis des Terrain! Aus Erfahrung weiß man welche Hänge zu einem bestimmten Zeitpunkt gut zu fahren oder gefährlich sind. Zusammen mit meinen besten Freunden, auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann und auch Spaß habe beim fahren.
INFOBOX
Aline Bock hat in Innsbruck Sportmanagement studiert und widmete sich danach direkt Ihrer Sportler Kariere. Sie fährt seit 1997 Snowboard und mit 15 Jahren nahm Sie das erste Mal an einem Wettkampf teil. Ihren ersten Freeride Wettbewerb bestritt sie erst im Jahre 2008 im Montafon. Ihre ersten großen Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. 2009 wurde Sie Freeride World Tour Vize Weltmeisterin, 2010 Weltmeisterin und im gleichen Jahr hat Sie dann auch noch die legendäre „World Heli Challenge“ in Neuseeland gewonnen. Seit 14 Jahren wohnt Sie in Innsbruck und bereist von dort die Welt. Sie war schon in vielen verschiedenen und auch außereuropäischen Skigebieten zum Snowboarden unterwegs. Was Sie nach Ihrer Sportler Kariere macht, weiß Sie noch nicht, Sie ist für alles offen. Gerne möchte Sie Ihrer Leidenschaft dem Wellenreiten nachgehen und ans Meer ziehen. Sie könnte auch durchaus im Sport einen Platz finden, allein Ihre Erfahrungen und Ihr Können sind für andere Freerider Goldwert.
Infos: www.alinebock.de
Für Aufnahmen nach Alaska zu fliegen, war glaube ich das Beeindruckteste, schönste und angsteinflößendste Abenteuer das ich beim Snowboarden je erlebt habe. Sluff-Management, riesige Lines, riesige Berge, Angst, Adrenalin, Vorfreude, Happiness – Und das alles an einem Tag!!! Mein „Alaska Film“ (Full Alaska edit Aline Bock) war ein unbeschreibliches Erlebnis.
Eigentlich war bei jeder Line die Einfahrt angsteinflößend, weil man einfach nichts gesehen hat und man erst einmal ein paar Meter blind fahren musste bis man seine ausgewählte Linie findet. Alaska ist einfach so besonders, weil man die ganz steilen Hänge fahren kann. In Europa bilden sich nicht diese „Spines“.
Solche Hänge sind gar nicht fahrbar oder vielleicht nur an einem Tag in der Saison, da es viel zu gefährlich wäre.
Ein perfekter Snowboard Tag für mich ist natürlich zu Hause mit meinen engsten Freunden am Berg zu sein. Wenn es stark schneit und man kaum etwas sehen kann, liebe ich es in den Skigebeten steile Hänge im Wals zu fahren.
Splitboarden hingegen hat für mich etwas mit Training zu tun, alleine in der Natur zu sein Kondition aufzubauen oder meinen inneren Schweinehund zu überwinden. Am Ende gibt es nichts schöneres, als einen schönen Aufstieg in der Sonne mit atemberaubender Bergsicht und der Vorfreude auf eine komplett unverspurte Abfahrt.